Das Memento Projekt

Aktuelle Projekte, Allgemein, COOPERATION NETWORKS, FOTOS & VIDEOS, WAS ICH TUE, WOMIT ICH ARBEITE

von Volko Lienhard

 

Kennen Sie den Kriminalfilm „Memento“ des Regisseurs Christopher Nolan? Er drehte ihn im Jahr 2000 ausgehend von der Story „Memento mori“, die sein Bruder Jonathan Nolan geschrieben hat. Auf dem Grundgedanken basiert mein Memento Projekt für die Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg (SOTA) der JVA Fuhlsbüttel.

Das markanteste Merkmal des komplexen Films sind die beiden Handlungsstränge, von denen jeweils einer in der korrekten Reihenfolge abläuft (Schwarz/Weiß) und einer in entgegengesetzt chronologischer Folge (Farbe).

Für den Protagonisten Leonard Shelby (Guy Pearce), der bei einem Überfall seine Merkfähigkeit verloren hat, laufen die farbigen Szenen rückwärts ab. Man befindet sich damit permanent in einer Handlung, ohne deren Vorgeschichte zu kennen, wodurch es erschwert wird, das Gesehene zu ordnen und in Bezug zu setzen.

Shelby kann keine neuen Erinnerungen abspeichern, die älter sind als wenige Minuten. Sie entziehen sich seinem Zugriff. Seine Defizite gleicht er durch Polaroid-Fotos, Notizen an sich selbst und Tätowierungen von wichtigen Fakten, um sein fehlendes Kurzzeitgedächtnis auszugleichen. So schafft er sich Beweise für eine Zeit, die früher existierte, jetzt aber für immer vorbei ist.

Diese Situation simuliere ich mit den Workshop-Teilnehmern*. Mit dem Unterschied, dass ich die Instrumente, wie z. B. Polaroids, Fotos und Videos, einsetze, um das eventuell fehlende „Langzeitgedächtnis“ auszugleichen bzw. Verdrängtes abzurufen. Genau wie die komplexe Filmfigur des Leonard Gründe hat, bestimmte Erinnerungen zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten festzuhalten, sind auch die Arbeiten der Workshop-Teilnehmer nicht zufällig. Vielmehr wird im Hier und Jetzt, also in der Gegenwart, mit Hilfe von aktuellen Fotos und Videos, die Vergangenheit der einzelnen Insassen aktiviert.

Wie sagte so schön Burt (Mark Boone Junior) in einer Szene von Memento: „Das muss Scheiße sein. Es ist alles rückwärts.“ Man könnte es auch Psychoanalyse nennen.
 


 

* Bei der Gruppe handelt es sich um Insassen, die u. a. wegen Trunkenheit am Steuer, Betrug, Verbreitung kinderpornographischer Schriften, sexuellem Missbrauch, Vergewaltigung, versuchten Mordes, Totschlag, wegen Mordes mit sexuellem Hintergrund und Mord verurteilt wurden.
 

Konzeption, Realisation & Gruppenleitung | Volko Lienhard
Dauer | 5 Monate

Info | Die Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg (SOTA) mit der Außenstelle Bergedorf ist eine Anstalt des geschlossenen Vollzuges innerhalb der JVA Fuhlsbüttel mit mehr als 160 Haftplätzen, davon sind mehr als 40 Haftplätze in der Außenstelle Bergedorf. Sie ist vorrangig zuständig für männliche erwachsene Sexualstraftäter.

Kontakt | Freie und Hansestadt Hamburg
Justizbehörde
Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg | JVA Fuhlsbüttel
Suhrenkamp 92
22335 Hamburg

Veröffentlicht von

Volko Lienhard is a photographer and filmmaker who is renowned for his striking fashion imagery and portraiture. He has also recently ventured into film directing, notable Jay Jay Johanson project, and the St.Emile campaign with top model Malgosia Bela. He has worked with artists, like Thievery Corporation and Princess Superstar. Lienhard´s work has been featured in a number of exhibitions in Japan. He lives and works in Hamburg. STERN.DE | One of my new projects is LIENHARD DRIVE